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Bonner Fahnenfabrik - BOFA

Die Bonner Fahnenfabrik ist ein Traditionsunternehmen, das bis 2018 im Bonner Ortsteil Graurheindorf beheimatet war

1866 von dem jüdischen Kaufmann Josef Meyer als Geschäft für Dekorationsartikel und Tapeten gegründet. Der erste Unternehmenssitz befand sich im Zentrum der Stadt Bonn. Die Kriege von 1864 und 1866 führten zu einem steigenden Bedarf nach Fahnenschmuck. Nach der Deutschen Reichsgründung 1871 wurde die Geschäftstätigkeit um die Produktion der schwarz-weiß-roten Reichsfahne sowie der Preußenfahne erweitert. Die Fahnen wurde in Handarbeit im Schablonendruck hergestellt und waren schnell ein Verkaufserfolg.

 

In den 1870er Jahren weitete das Unternehmen die Produktion von Fahnen und Dekorationsartikeln auf die Herstellung von Theaterkostümen und vollständigen Bühnenaufbauten aus. Ein mobiler Montagetrupp bereiste ganz Deutschland, um solche Bühnenkulissen aufzustellen oder Empfangsräume zu beflaggen. Produktkataloge wurden in Stückzahlen bis zu einer halben Million Exemplaren aufgelegt. Für die Einweihung des Niederwalddenkmals bei Rüdesheim am 28. September 1883, in Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, ließ das Unternehmen 50.000 Sonderkataloge drucken. Auch das Aufblühen der deutschen Hochsee- und Binnenschifffahrt bescherte den Bonnern im ausgehenden 19. Jahrhundert großvolumige Aufträge. Reedereien wie die Preußisch-Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft bestellten ihre Schiffsflaggen in Bonn.

 

In den 1880er Jahren war das Unternehmen von einer antisemitischen Kampagne betroffen. Der zunehmende Absatz von Produkten bei katholischen Kirchengemeinden und Vereinen wurde von einem Teil der katholischen Presse nicht gutgeheißen.

 

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Textilprodukte in Bonn noch überwiegend in Hand- und Heimarbeit hergestellt. Für die Bonner Fahnenfabrik vollzog sich 1905 der Wandel zur industriellen Herstellung: das Werk wurde um einen großen Nähmaschinensaal und weitere Bauten für Maschineneinsatz erweitert.

 

Ab 1911 erfolgte der Flaggendruck durch ein chemisches Dampfdruckverfahren. Im Ersten Weltkrieg wurde neben der Fahnenherstellung auch die Produktion von Militärzelten und Strohsäcken aufgenommen. Die Nachkriegs- und Inflationszeit überstand das Unternehmen nahezu unbeschadet.

 

1928 erfolgte der Umzug der Stammfabrik in die Graurheindorfer Straße, in ein Gebäude des ehemaligen Husaren-Kasernenkomplexes.

 

Die Zeit im Dritten Reich war für die Fabrik und deren Eigentümerfamilie von der jüdischen Herkunft der Familie Meyer geprägt. Otto Meyer hatte Militärdienst geleistet und sich als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg gemeldet. Bei der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten leitete er die Fahnenfabrik. Wie sein Bruder Hans war er evangelisch getauft worden. Dennoch galten die Söhne Otto und Hans nach nationalsozialistischer Anschauung als Juden.

 

Bis Ende 1935 wurden die Meyers nicht belästigt, auch das Unternehmen war nicht von der sonst üblichen Hetze gegen jüdische Betriebe betroffen. Das änderte sich ab Januar 1936. Im antisemitischen Stürmer erschienen Artikel mit der Überschrift: „Die getauften Meyers“. Es wurde in hetzerischer Diktion die Meinung vertreten, dass die Brüder Meyer trotz christlicher Taufe noch Juden sein.

Als Folge des Artikels erstattete der Oberstaatsanwalt beim Sondergericht Köln Anzeige gegen Otto Meyer mit der Begründung, die Bonner Fahnenfabrik produziere und vertreibe amtliche Fahnen. Das Verfahren vor dem Sondergericht Köln wurde eingestellt, weil er nachweisen konnte, nicht gegen Gesetze verstoßen zu haben.

 

1936 lieferte das Unternehmen Fahnen an das Organisationskomitee der Olympischen Sommerspiele 1936.

 

Otto Meyer überlebte die NS-Zeit versteckt unter anderem in einem Wochenendhaus in der Eifel. Nach dem dortigen Einmarsch der Amerikaner im Februar 1945 kehrte er nach Bonn zurück und übernahm wieder seine Tätigkeit in der Bonner Fahnenfabrik. In der folgenden Zeit entwickelte sich die Bonner Fahnenfabrik nach Eigenangaben zum größten deutschen Hersteller von Flaggen, Fahnen, Werbebändern und -folien. Bereits im Sommer 1945 kam es zu einer Großbestellung durch die britische Besatzungsmacht. Anfang der 1960er Jahre wurde das Siebdruckverfahren automatisiert. In Spitzenzeiten waren bis zu 400 Menschen in der Fahnenfabrik beschäftigt. Es konnten bis zu 4.000 Fahnenquadratmeter pro Stunde produziert werde.

 

1998 kam es zur Automatisierung der Siebherstellung und 2002 wurde der Digitaldruck als Erweiterung mit in die Produktion aufgenommen. Diese Modernisierungen gingen mit einem regelmäßigen Abbau von Arbeitsplätzen einher. Die zunehmende Globalisierung führte ab den 1980er Jahren zu einer verstärkten Wettbewerbssituation und sinkenden Gewinnmargen. 1999 arbeiteten noch 150 Menschen im Werk, im Jahr 2003 waren es 110. Zu der Zeit wurden rund zwei Millionen Quadratmeter Stofffahnen für die Herstellung von etwa 600.000 Fahnen bedruckt. Im Jahr 2006 wurden mit 100 Mitarbeitern noch etwa 10 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Davon entfielen bis zu 20 Prozent auf ausländische Abnehmer.

Etwa ab der Jahrtausendwende kam es zu deutlichen Umsatzrückgängen. Bis 2010 sank der Jahresumsatz auf 7 Millionen Euro, was zu einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen führte. Im November 2011 musste die Geschäftsleitung Insolvenz beantragen. Zum 1. April 2012 übernahm das französische Familienunternehmen Doublet aus Avelin die Bonner Fahnenfabrik. Seitdem firmiert die Bonner Fahnenfabrik als BOFA-Doublet GmbH. Nach der Übernahme wurde die Mitarbeiterzahl auf 60 reduziert. Am 5. Juli 2018 teilte das Unternehmen schließlich mit, dass der Produktions- und Verwaltungs-Standort in Bonn schließen und bis Januar 2019 nach Hennef umziehen sollte.

 

 

Heute entwickelt in direkter Nähe zum Rhein Cube-Real-Estate mit der Bonner Flagge ein Stadtquartier, das modernes Wohnen und Arbeiten mit historischem Charme vereint.

 

Architektonische Stilelemente der Industriearchitektur werden erhalten und so wird ein Teil der Historie bewahrt. Generationsübergreifende Wohnformen sollen hier bald ebenso zu finden sein, wie Büroflächen, die den heutigen Ansprüchen an moderne Arbeitsplätze gerecht werden.

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